Ein Pastor mußte mit dem Teufel Schach spielen, um seine Seele zu retten
In der Zeit nach dem 30jährigen Kriege saß der Pastor eines Kirchdorfes sorgenvoll in seinem kleinen Studierstübchen und grübelte in die warme Johannesnacht hinaus. Die Kirche hatte während des langen Krieges sehr gelitten, und nun war das Dach auf der einen Seite völlig zusammengebrochen.
Es mußte notwendig erneuert werden. Doch es fehlte an der nötigen Bausumme. Die Zeiten waren schlecht und die Bauern arm geworden.
Da hallten zwölf Glockenschläge vom Kirchturm her durch die Nacht. Der Pastor erhob sich und wollte die trübe Ölfunzel ausblasen. Da meldete sich ein später Gast. Der Pastor öffnete die Tür. Ein fremder Wandersmann trat herein und fragte: „Warum sitzt ihr hier so sorgenschwer bis in die späte Nacht hinein?” „Ich brauche Geld für die halb zusammengestürzte Kirche!” Statt aller Antwort zieht der Fremde einen Beutel voll klingender Taler aus der Tasche und stellt ihn auf den Tisch. „Zählt nach, ob es reicht.” Der Pastor ist zunächst sprachlos. Dann tut er es und siehe, es ist gerade die Summe, die er braucht. Ganz geheuer kommt ihm aber die Sache mit dem Fremdling zur nächtlichen Stunde nicht vor. Deshalb fragt er vorsichtshalber: „Welche Sicherheit verlangt ihr?” „Nur euren Namen unter diesen Schuldschein, aber geschrieben mit eurem Blut.” „Warum denn mit Blut, tut es nicht auch Tinte?” „Nein, ich komme weit her aus dem Morgenland, und von dort her bin ich es gewohnt, daß der Schuldner mit seinem Blut unterschreibt.”
Da überlegt der Pfarrer nicht lange, ritzt sich den Arm und schreibt mit dem Federkiel seinen Namen unter das ihm vorgelegte Dokument. Ehe noch die Blutschrift einigermaßen eingetrocknet ist, reißt der fremde Geldgeber mit teuflischem Grinsen hastig den Schein an sich, birgt ihn in die Brusttasche und will gehen. Der Pfarrer stutzt und besieht sich den nächtlichen Besucher genauer. Er bemerkt den roten Hut mit der grünen Feder und dazu den Pferdefuß. Da weiß er, wen er vor sich hat. Mit Entsetzen schleudert er den Beutel klirrend auf die Erde und schreit: „Du bist der Satan! Du hast mich betrogen! Gib mir den Schuldschein zurück! Ich will Dein Geld nicht!” Höhnisch erwiderte der Teufel: „Ich habe deine Unterschrift mit deinem Blute und damit deine Seele!”
Aber der Pastor läßt nicht nach mit Bitten und Betteln, bis endlich der Böse so weit sich erweichen läßt, daß er sagt: „Gut, wir wollen um deine Seele zusammen Schach spielen, gewinne ich die Partie, so bleibst du mein, besiegst du mich, ehe der neue Tag anbricht, gebe ich dich frei!”
Darauf ging der Pastor ein, denn weit und breit gab es in der Gegend keinen besseren Schachspieler als ihn. Das Spiel beginnt. Der Teufel wählt schwarz, der Pastor weiß. Zunächst ist der Pastor immer im Vorteil. Doch als die erste Morgenröte sich zeigt, brüllt der Teufel plötzlich höhnisch und ruft: „Schach! Du hast verloren!” Aber er hat in seiner Siegesgewißheit nicht richtig überlegt und sich eine Blöße gegeben. Sein König ist verloren. Trotz seiner furchtbaren Erregung hat der Pastor diese Lage sogleich erfaßt und erwidert ruhig: „Schach matt. Du hast verloren!” und schlägt rasch ein Kreuz über seinen teuflischen Gegenspieler. Da weiß der Teufel, daß er verloren hat. Voller Wut wirft er dem Pastor den zerrissenen Schuldschein vor die Füße und greift nach dem Geldbeutel. Doch den hat der Pastor fest in der Hand, und nun verschwindet der Böse mit Blitz und Donnergetöse.
Der erste Sonnenstrahl glänzt auf. Der Pastor ist gerettet und kann die Kirche erneuern. Doch erst in seiner Sterbestunde hat er offenbart, mit wem er es bei dem nächtlichen Schachspiel zu tun gehabt und wie er seine Seele rettete und das Baugeld gewann.
Textsammlung Kantor Burmeister, Alt Jabel