Die Unterirdischen in Brahlstorf
In Brahlstorf kamen einst einige Unterirdische zu einer Bauersfrau, die schon viel gejammert hatte, daß sie ihren Flachs und ihre Hede (Flachs, Werg; R.R.) aufgesponnen kriegen konnte, und boten ihre Dienste an. Freudig wurden sie aufgenommen, und sie fingen auf der großen Diele gleich ihre Arbeit an.
Zum Erstaunen der Hausfrau fanden sich aber nach wenigen Augenblicken immer mehr Spinnerinnen und Spinner ein. Schließlich waren es so viele, daß sie nicht einmal auf der großen Diele Platz hatten. Es dauerte auch nicht lange, da waren Flachs und Hede aufgesponnen.
Nun wollten die fleißigen Zwerge der Frau aber auch anderweitig behilflich sein und baten um einen großen Kessel, worin sie heißes Wasser machen wollten, um das Garn gleich zu kochen und zu waschen. Weil aber die Frau nicht im Besitz eines solchen großen Kessels war, eilte sie zu ihrer Nachbarin, um sich einen zu leihen. Als diese erfuhr, wozu der Kessel gebraucht werden sollte, sagte sie: „Du bist eine große Närrin, wenn du den Unterirdischen den Kessel hinbringst, und du würdest es gewiß nicht tun, wenn du ahntest, wozu er gebraucht werden solle. Die Zwerge wollen nämlich heißes Wasser aufkochen, um dich darin zu brühen.”
Die Bauersfrau bekam solche Angst und fragte, wie sie die Unterirdischen loswerden könnte. Die Nachbarin riet ihr, vor die Tür zu treten und zu rufen: „Der Butterberg brennt! Der Butterberg brennt! Dann werden sie wohl alle hinauslaufen. Denn im Butterberg ist der Ausgang der Unterirdischen. Du mußt dann nur zwei Besen kreuzweise vor deine Tür hinwerfen, und sie werden nicht wieder hinein können!” Die Frau machte das. Die Zwerge eilten alle hinaus, konnten dann aber nicht wieder in das Haus hinein, wegen der Besen. Sie riefen bei ihrem Abzuge böse und drohend: „Oh, das sollten wir nur gewußt haben, du Betrügerin.”
Textsammlung Kantor Burmeister, Alt Jabel