Sagen und Legenden aus der Griesen Gegend

Eine Sage ist ursprünglich eine mündliche Überlieferung von Erzählungen, deren Realitätsanspruch über dem des Märchens liegt. Sagen erwecken den Anschein, die erzählten Ereignisse seien wirklich geschehen und versuchen dies durch zeitliche, räumliche und personale Angaben zu belegen. Auch übernatürliche und phantastische Begebenheiten werden in der Realität festgemacht und durch Bezugspersonen beglaubigt. So berichten Sagen von übernatürlichen Gestalten, grausamen Burgherren, überheblichen Menschen, vom Teufel und umfassen auch den Totenglauben.

Die Sage umfaßt inhaltlich das breite Spektrum menschlicher Auseinandersetzung mit seiner eigenen und der ihn umgebenden Natur, mit der historischen Realität und der übersinnlichen Welt. Zu allen Zeiten war neben der rationalen Einstellung das mythisch-magische Bewußtsein gegenwärtig. Nur der Einfluß auf die Gesamtkultur veränderte sich. Aus diesem Bewußtsein erwachsen Sagen, gewissermaßen als Konkretisierungen des Volksglaubens, deren Anstöße aus verschiedenen Richtungen kommen. Sagen weisen immer eine örtliche Anknüpfung auf.

In Mecklenburg entstehen die Sagen gerade während der Christianisierung. Hier treffen das Heidentum und das Christentum aufeinander. Sage umfaßt Wendenzeit bis 19. Jahrhundert.

Sagen aus der Griesen Gegend haben ihren eigenen Charakter aufgrund der örtlichen Naturbeschaffenheiten. Hier gibt es viel Sand, wenig ertragreiche Böden, harte Arbeit und ein karges Leben für die hier lebenden Bauern. Daher spielen Wüstungen und Goldschätze eine wichtige Rolle in den Sagen der Griesen Gegend. Oftmals existieren verschiedene Versionen zu einem Sagenmotiv, wie z.B. zu den Sagen über die Stadt Ramm. Dies ergab sich aus der ursprünglich mündlichen Überlieferung der Sagen, sie „wanderten“ und jeder Erzähler gestaltete die Sage nach seiner Weise.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Sagen gesammelt und aufgeschrieben, die größten Sammler mecklenburgischen Sagengutes waren Albert Niederhöffer, Karl Bartsch und Richard Wossidlo.


Der Drache von Hohenwoos

In der Nähe von Hohenwoos liegt ein Hügel, Lindenhorst oder Lindhörste genannt. Dort hauste vor Zeiten ein Drache.

Dei Düwelskuhl bi Wittenborg  

De Scheid twüschen Wittenborg und Dreilützow leig früher in Rusch und Busch und würd Düwelswinkel nennt, wieldat sick dor nachts dei Bös' rümdriewen dehr. Wenn hier nah Sünnenunnergang einer vörbigahn dehr, würd hei upheckt urrer wenigstens wehr hei sick irgend einen Schawwernack mauden. Dei Wischen an dei Grenz hier hörten denn' Buern Möller ut Wittenburg.

Von der Erschaffung der Welt

(In’t Johr 0)

As uns‘ Herrgott de Welt erschaffen ded, füng hei bi Meckelnborg an un tworsten von de Ostseesid her un makte dat eigenhändig farig; up de ein Sid bet Ratzeborg un Swerin, up de anner Sid bet Sternhagen un Bramborg, un wis’te sine heiligen Engel, wo’t makt warden müßt, un redte tau ehr un säd, sei süllen’t so wider maken.

Der dumme Teufel und der schlaue Küster von Eldena

Die Küsterfrau in Eldena war eines Abends beim Buttern. Die kleine Tochter ihrer Nachbarin stand dabei und fragte: „Warum hängst du denn nicht auch drei Knebel über das Butterfaß, wie meine Mutter das tut?” Die Frau verstand nicht recht, was das Kind meinte, war aber neugierig und beredete die Kleine, die Knebel zu holen und hängte sie dann über das Butterfaß.

Erzengel Michael läßt die Griese Gegend entstehen und der Teufel die Rittergüter

Die Erzählungen von der Entstehung der Griesen Gegend beginnen mit der Legende. Schon Fritz Reuter weiß in seinem Werk „Urgeschicht von Meckelnborg“ zu berichten, daß der Erzengel Michael auf Befehl des Herrgotts das Lübtheener Amt und Grabow und Dömitz geschaffen habe.

Der Pächter und der Teufel

Auf einem Gute wohnte ein alter, geiziger Pächter, der jährlich in der teuren Zeit das Korn nur so aufscheffelte. Schon hatte er viel Gold und Silber in Kisten und Koffern aufgehäuft. Allein gegen Arme und Bedürftige war sein Herz hart und mitleidlos. Um die Kirche und um Gottes Wort kümmerte er sich nicht.

Die Geisterstadt an der Rammer Kirchstelle

Zuweilen in hellen Nächten soll man dort , wo einst Ramm lag, eine hellerleuchtete Stadt sehen können. Ein Bauer aus Lübendorf ging spätnachts durch den Tannenwald. Der Mond schien hell durch die Stämme, und wie er so im Dahingehen seinen Gedanken nachhing, war er auf einmal mitten in einer großen Stadt.

Ein Pastor mußte mit dem Teufel Schach spielen, um seine Seele zu retten

In der Zeit nach dem 30jährigen Kriege saß der Pastor eines Kirchdorfes sorgenvoll in seinem kleinen Studierstübchen und grübelte in die warme Johannesnacht hinaus. Die Kirche hatte während des langen Krieges sehr gelitten, und nun war das Dach auf der einen Seite völlig zusammengebrochen.

Vom Kellerberg und der goldenen Wiege bei Alt Jabel

Aus den Tannen südlich von Alt Jabel, in der Nähe des Bahnhofes, ragt ein hoher, steiler und sandiger Hügel über seine Umgebung hervor. Das ist der Kellerberg. Etwas entfernt davon liegt zwischen zwei Hügeln eine tiefe Schlucht. Die heißt die goldene Wiege.

Dat witte Peerd bi Woosmer (Heidhof)

Wenn wi von Wehningen dei Landstrat nah gahn, dei nah Woosmer föhrt und kamen dörch dei Dann' aewer dei Bang'n stuken und dregen den'n Weg, dei von Wendisch-Wehningen nah Woosmer geht, so krüzen sick dirse beide Weg, und wi sünd an dei Wegkrüzung bi dat „Witte Peerd”. Worüm dit Slag dat „Witte Peerd” heiten deht, will ick nu vertellen, so as de Sag uns dat äwerliewert hett.

Die Opferschale zu Alt Jabel

Im Jahre 1229 hatten Mönche aus Amelungsborn (nahe der Weser) in Eldena ein neues Kloster errichtet und predigten von hier aus das Christentum, aber zunächst mit wenig Erfolg. Da schritt man zum Bau der Jabelschen Kirche, der ersten im Kern der großen Jabeler Heide.

Vom Heidenstein beim Galgenberge im Jabeler Forst

Da liegt er, der alte graue Koloß, wie ein gefällter Riese, umgeben von Moos, Heide und alten Kiefern, ein Findling von so gewaltigen Ausmaßen, wie man ihn in der an Felsen armen Jabeler Sandgegend wohl kaum sonst wo sieht, am Hange eines Hügels unfern östlich vom Quast-Jabeler Wege.

Die Rammer Glocken wollen ans Licht

Zu gewissen Zeiten hörte man tief unter der Erde an der Rammer Kirchstelle ein Glockengeläut, das in wehmütigen Klagetönen an die Oberfläche drang. Das waren die Rammer Kirchenglocken, die wieder ans Licht wollten. Die Leute aus Jabel hörten sie klingen und konnten den Ton nicht vergessen.

Die Hochwasserkatastrophe in Dömitz im Jahre 1888

Das Jahr mit den drei Achten wirkte sich verhängnisvoll für die kleine Elbestadt aus. Der Winter 1887/88 war sehr schneereich. Am 17. März 1888 lag der alte Schnee noch überall einen Meter hoch. Dazu schneite es mehrere Tage und Nächte ununterbrochen, daß alle Ortschaften der Heide vom Verkehr zunächst abgeschnitten waren.

Die Sage vom Untergang der Stadt Ramm

Weit hinten, in der griesesten Ecke von der „Griesen Gegend“, da wo Fuchs und Hase sich „Gute Nacht“ sagen, liegt in Sand und Tannen das kleine Dörfchen Ramm.

In vergangenen Zeiten sah es in dieser Gegend ganz anders aus: Ramm war eine große Stadt, und den Einwohnern ging es sehr gut.

Eine Hinrichtung auf dem Koppenberg bei Rosien am 5.9.1742

Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Die Uhr war fünf. Die engen Straßen von Neuhaus füllten sich mit Menschen. Alles drängte zum Schloß. Aus der schweren Hintertür kam der Pastor Vogelius von Neuhaus, gefolgt von den Knechten des Scharfrichters, Jürgen und Christian, die in der Mitte zwischen sich die Brandstifterin Maria Dorothea Ludewig führten.

Sage von der versunkenen Kirche bei Vielank

Als Mecklenburg noch fast ganz von Wenden bewohnt war, befand sich im wilden Forst von Vielank, versteckt hinter dichtem Gestrüpp und Buschwerk, eine kleine Christengemeinde. Die Gemeindemitglieder hausten, einsam und abgeschlossen von aller Welt, in ihren ärmlichen Hütten und gingen am Sonntag in ihr Kirchlein, das aus Holz und Lehm zusammengefügt war.

Vom Kuckuck

Unter unseren gefiederten Freunden ist wohl keiner zu finden, mit dem sich von alters her so viel beschäftigt wird, wie mit dem Kuckuck. Er wird gepriesen und auch beschimpft.

Vom Riesengrab bei Pritzier

Das Dorf Helm zwischen Wittenburg und Hagenow gelegen, soll ehemals eine große Stadt gewesen sein und zwar zu der Zeit, als es noch Riesen gab. Nun hatte der Riesenkönig, der hier in dieser Gegend regierte, von dem großen Reichtum der Helmer gehört und zog mit einem Heere heran, um die Stadt zu erobern.

Heereswege und Landstraßen

Eigentliche Landstraßen und Verkehrswege gab es weit bis ins Mittelalter nicht in unserem Heimatland und in unserer sandigen, grauen Gegend schon gar nicht. Man kannte nur Heerstraßen und Handelswege. Eine scharfe Trennung bestand nicht zwischen ihnen. Oft dienten sie demselben Zweck.

Die Unterirdischen in Brahlstorf

In Brahlstorf kamen einst einige Unterirdische zu einer Bauersfrau, die schon viel gejammert hatte, daß sie ihren Flachs und ihre Hede (Flachs, Werg; R.R.) aufgesponnen kriegen konnte, und boten ihre Dienste an. Freudig wurden sie aufgenommen, und sie fingen auf der großen Diele gleich ihre Arbeit an.

Vom Postwesen

In meiner Kindheit bewunderte ich oft den gelben Postwagen, wenn er durch die holperigen Straßen unseres Städtchens holperte und von zwei behäbigen Rossen, die der Postillon lenkte, nach dem Posthofe gezogen wurde. Aber es gefiel mir nicht, daß der Postfahrer kein Posthorn hatte und kein lustiges Stückchen blies, wie es der Großvater mir aus früheren Zeiten erzählte. Doch hörte ich später das Posthorn noch öfter erklingen.

Wie die Unterirdischen sich der Schulzenfrau in Kuhstorf dankbar erwiesen

Der Schulzenfrau in Kuhstorf wollte es vor langen Jahren trotz sorgfältigster Pflege nicht gelingen, die Kälber großzuziehen. Eines Tages stellte sich eine Unterirdische bei der Schulzenfrau ein und bittet sie zur Kindtaufe, wobei sie derselben den wohlgemeinten Rat gibt, den Kälberstall doch zu verlegen.

Mit der Postkutsche von Hamburg nach Mecklenburg

Vor etwa 150 Jahren lebten wohlhabende Verwandte von uns in Hamburg. Alle zwei Jahre machten sie eine Reise nach Lübtheen und Umgegend mit der preußischen Post. Die Fahrt dauerte fast immer einen ganzen Tag. Die Reisescheine, heute würde man Fahrkarten sagen, mußten schon einige Tage vor Reisebeginn gelöst werden.

Wie die Unterirdischen einem armen und verzagten Bauern helfen

Ein Buer wehr dörch Krieg, slechte Tieden un allerlei Mißgeschick so wiet rünnerkamen, dat hei nich mehr ut un in wüßt. Dun güng hei hen un köfft sick för sien letztes Stück Geld ein Strick. Mit den'n wull hei sick an den'n ersten, besten Bohm uphängen.

Die letzte Post

1846 war die Berlin-Hamburger Eisenbahnstrecke fertig und wurde in Betrieb genommen. Damit hatte es mit der gemütlichen Postfahrerei zwischen diesen beiden größten Städten im deutschen Reiche ein Ende. Zum letzten Mal kam die Postkutsche von Hamburg in Lübtheen angerumpelt. Personal und Pferde wurden zum letzten Mal ausgewechselt. Denn dies sollte die letzte Fahrt sein.