Der Pächter und der Teufel
Auf einem Gute wohnte ein alter, geiziger Pächter, der jährlich in der teuren Zeit das Korn nur so aufscheffelte. Schon hatte er viel Gold und Silber in Kisten und Koffern aufgehäuft. Allein gegen Arme und Bedürftige war sein Herz hart und mitleidlos. Um die Kirche und um Gottes Wort kümmerte er sich nicht.
An einem Pfingstmorgen wanderte er hinaus auf das Feld, um die Saaten zu besehen und die Ernte zu berechnen. Da kam auf der Landstraße ein Reisewagen mit schwarzen Rappen daher gefahren. Neben dem Gutspächter hielt der Wagen still und ein vornehmer Mann stieg ab. Ein roter Mantel hing ihm weit über die Füße weg, und ein großer spitzer Hut saß ihm auf dem Kopfe. „Habt ihr Korn zum Verkauf?” redete er den Pächter an, „ich gebe euch doppelte Preise.” „Wenn dem so ist,” entgegnete der Pächter, „so können wir ein Geschäft machen, kommt mit und eßt bei mir.” Sie gingen auf das Gutshaus zu. Als sie auf den Hof kamen, flogen die Hühner, Gänse und Puten mit Geschrei davon, als ob ein Raubvogel daher flöge, und der Hofhund knurrte und heulte. „Ein solcher Käufer muß herrlich bewirtet werden,” dachte der Pächter und ließ alles aufsetzen, was das Herz begehrte.
Dem Fremden schmeckte es prächtig, er neckte und scherzte mit der Magd und riß ihr die Schürze ab. Da fiel ihm das Messer nieder. Das Mädchen bückte sich, um es aufzuheben, da sah es an den Füßen des vornehmen Herrn einen Pferde- und einen Krähenfuß. Erschrocken eilte sie zu der Hausfrau. Diese ließ ihren Mann herausrufen und berichtete es ihm. Man wußte sich nicht anders zu helfen und holte den Pastor. Der erschien im Talar mit der Bibel unter dem Arm. Da rief ihm der Fremde entgegen: „Was willst du von mir? Dich kenne ich, du stahlst als Knabe deinem Mitschüler ein Messer.” Der Pastor konnte nichts ausrichten, und der Gast ließ sich das Mahl weiter gut schmecken.
Inzwischen holte man den Pastor aus einem anderen Kirchdorf. Auch er kam im Talar mit der Bibel an. „Weh! Weh!” jammerte da der Mittagsgast und schauderte in eine Ecke zurück. „Erbarme dich mein!” „Du bist in meiner Gewalt,” sprach der Geistliche, „du kommst nicht anders aus der Stube als durch diese Tür und an dieser Bibel vorbei!” Nun erhob sich draußen ein Tosen, als wenn ein Sturmwind heranzieht. Ein blauer Nebel sammelte sich über dem Hause. Den Leuten ward angst und bange, und sie drängten sich alle um den Pastor. „Nun,” gebot dieser, „so öffnet das Fenster! Fahre aus, du unsauberer Geist!”
Da sauste und brauste es hinaus mit Donnerkrachen. Die Fensterlucht (Bodenfenster; R. R.) war ausgerissen. Der Nebel verschwand. Auf dem Scheunengiebel gegenüber aber saß der Höllenfürst und lachte sie alle aus. Dann verschwand er unter Donner und Blitz in die Lüfte.
Textsammlung Kantor Burmeister, Alt Jabel